Innovativste Leichtbaulösungen prämiert

Baden-Württemberg ist im Leichtbau stark aufgestellt – Forschungseinrichtungen und Unternehmen des Landes arbeiten kontinuierlich an Lösungen zum Thema Ressourcenschutz und CO2-Reduktion. Die besten hat die Landesagentur Leichtbau BW nun mit dem ThinKing Award 2022 prämiert.

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Das Multi-Material-Design der neuen, leichten Variante des Zellhalters. (Bildnachweis: IPEK – Institut für Produktentwicklung)

„Leichtbau leistet als zukunftsrelevante Querschnitts- und Schlüsseltechnologie einen entscheidenden Beitrag, um einen wirtschaftlich erfolgreichen Klima- und Ressourcenschutz zu schaffen“, sagt Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Leichtbau BW.

„Der ThinKing Award hat erneut unterstrichen, welch enormes Potenzial Baden-Württemberg auf diesem Gebiet hat. Mit dem Label ‚ThinKing‘ stellen wir monatlich eine innovative Leichtbaulösung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Baden-Württemberg vor. Zwar gibt es auf Grund der Beendigung unseres operativen Geschäfts zum 31.12.2022 leider nicht wie gewohnt eine offizielle Preisverleihung – die Sieger wollen wir natürlich trotzdem prämieren.“

Platz 1: Batterie-Zellhalter mit 60 Prozent weniger Gewicht

Der erste Platz des ThinKing Awards 2022 geht an das Unternehmen Dipl.-Ingenieure Rainer & Oliver PULS GmbH gemeinsam mit dem IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie KIT und dem Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart.

Ihnen ist es gelungen, einen Batterie-Zellhalter im Multi-Material-Design mit 60 Prozent weniger Gewicht herzustellen. Die tragende Struktur des Batterie-Zellhalters besteht aus Kühlkanälen sowie dünnen Aluminium-Streben zum Fixieren der Batteriezellen.

Im Vergleich zum ursprüngliche Zellhalter aus einem Aluminiumblock, der einige Kilogramm auf die Waage bringt, spart das neuentwickelte Multi-Material-Design nicht nur Masse ein, sondern lässt sich gleichzeitig einfacher, schneller – und damit kostengünstiger – montieren, demontieren und reparieren. Es entsteht weniger Produktionsabfall und die verwendeten Materialien sind weitgehend recyclingfähig.

Platz 2: Quantensensoren – Den Minis gehört die Zukunft

Platz 2: Die NMR- (unten) und EPR-Chips (oben), die (fast) die gesamte benötigte Elektronik für NMR- beziehungsweise EPR- Experimente mit dem leichten Magnetsensor enthalten. Dargestellt im Größenvergleich zu einer 1-Cent-Münze. (Bildnachweis: IIS Universität Stuttgart)

Den zweiten Platz sicherte sich das Institut für Intelligente Sensorik und Theoretische Elektrotechnik (IIS) der Universität Stuttgart für ihren Quantensensor im Miniaturformat.

Bisher sind Quantensensoren – im Einsatz beispielsweise für MRT-Untersuchungen in der Medizintechnik – groß, unhandlich und schwer. Dem IIS ist es gelungen, diese Sensoren auf die Größe eines Euro-Stücks zu schrumpfen. Die Forschenden unter Leitung von Prof. Dr. Jens Anders entwickelten mit Hilfe von 3D-gedruckten Strukturen einen um den Faktor 1.000 leichteren und verkleinerten Quantensensor.

Dieser wird sich unter anderem zur weiteren Optimierung von Leichtbaustrukturen in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung einsetzen lassen. Inklusive Material kostet ein leichter Quantensensor nur wenige Euro und lässt sich durchschnittlich innerhalb von einer halben Stunde herstellen.

Platz 2: Kühlende Bäume an den Fassaden verbessern urbanes Klima

Platz 2: Fassadenbegrünung in Mehrschichtsystemen schafft eine effiziente Kühlung, Schalldämmung und ein Wohlfühlambiente für die Menschen. (Bildnachweis: Visioverdis 2.0 GmbH)

Ebenfalls auf dem in diesem Jahr geteilten zweiten Platz landete die Visioverdis 2.0 GmbH. Ihr GraviPlant – ein Pflanztopf hebt die Fassadenbegrünung auf die nächste Ebene, denn er ermöglicht das Bepflanzen der Fassade mit kleinen Bäumen eine Ebene über der gängigen Fassadenbegrünung.

Verschiedene Leichtbauideen halten das Gewicht des Baumtopfes selbst niedrig. Zudem führt die Idee des gärtnerisch automatisierten, horizontalen Baumbewuchses an Fassaden zu vielschichtigem Systemleichtbau im urbanen Raum.

Urbane Fassadenbegrünung erhöht die Lebensdauer der Gebäude, speichert CO2, produziert Sauerstoff und die Energiekosten für die Gebäudeklimatisierung lassen sich halbieren. Darüber hinaus unterstützt Wärmedämmung und Schallschutz durch Begrünung ressourcenschonendes Bauen.

Platz 3: Gesalzenes Upgrade für Aluminiumguss

Komplett oder selektiv-offenporige Gehäuse für unterschiedliche Sensoren. Durch die Füllmenge der Salzkristalle in der Kokille lassen sich auch Bauteilbereiche aus Vollmaterial in einem Guss herstellen. (Bildnachweis: AUTOMOTEAM GmbH)

Den verbliebenen Platz auf dem Siegertreppchen sicherte sich die AUTOMOTEAM GmbH, die mit einem Druckluft-Schalldämpfer gezeigt hat, welches Potenzial im offenporigen Aluminiumguss steckt.

Das Material, das mit Kochsalz als Hilfsmittel hergestellt wird, fordert wegen seiner besonderen Eigenschaftskombination zu neuem Denken in der Produktentwicklung auf. Offenporiger Aluminiumguss ist leicht, thermisch und mechanisch hoch belastbar sowie als Monomaterial hybridisierbar. Da die Bauteile bereits aus rezyklierten Material – Sekundäraluminium – hergestellt sind, ist am Lebensende des Bauteils eine Rückführung in den Recyclingkreislauf leicht möglich.

Außerdem verursacht offenporiger Aluminiumguss dank der Herstellung aus Sekundärrohstoffen und unter Einsatz von Energie aus klimaneutralen Quellen kaum CO2-Emissionen.

Hintergrund: Das ist der ThinKing

Einmal im Monat stellt die Leichtbau BW mit dem ThinKing eine innovative Leichtbaulösung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Baden-Württemberg vor. Eine Fachjury (Dr. Wolfgang Rimkus, Technologiezentrum Leichtbau Hochschule Aalen, Dipl.-Ing. (FH) Christine Koblmiller, Chefredakteurin Leichtbauwelt, Prof. Johann Tomforde, Geschäftsführender Gesellschafter TEAMOBILITY und Dipl.-Ing. Markus Kaden, Geschäftsführung msquare) hat für den Award alle Beiträge aus 2022 noch einmal unter die Lupe genommen und die besten Leichtbauinnovationen ermittelt.

Kontakt:

www.leichtbau-bw.de