Anwendungsszenarien für den 3D-Robojet

Von März 2019 bis Juli 2021 arbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Chemnitz sowie des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme ENAS an der Entwicklung einer Technologie zum robotergeführten Inkjet-Druck auf 3D-Oberflächen.

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Robotergeführter Inkjet-Druck einer Heizleiterstruktur für eine beheizbare Sitzschale: Versuchsstand am Fraunhofer ENAS mit Roboter Yaskawa GP8 (links); Nahansicht des Druckvorgangs auf der Sitzfläche der Kunststoffsitzschale (Mitte); Rückansicht der fertigen beheizbaren Sitzschale (rechts). (Bildnachweis: Fraunhofer ENAS)

Im Forschungsprojekt »Robotergeführter Inkjet-Druck von funktionalen Schichten auf dreidimensionale (3D)-Objekte« (kurz 3D-Robojet), das im Programm »Industrielle Gemeinschaftsforschung« (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wurde, bauten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ENAS und der TU Chemnitz erfolgreich einen Versuchsstand für robotergeführten Inkjet-Druck auf und stellten mit diesem u.a. eine Sitzheizung auf einer Kunststoffsitzschale her.

Zielstellung des Projekts war der Aufbau eines Versuchsstandes mit einem Sechs-Achs-Industrieroboter in Kombination mit einem Inkjet-Druckkopf und dessen Validierung anhand gedruckter funktionaler Anwendungsbeispiele. Der modulare Aufbau der Anlage gestattet es, weitere Funktionen wie die Vorbehandlung mit Plasma, die Nachbehandlung mit ultraviolettem und infrarotem Licht sowie die Objekterkennung mit Hilfe einer 3D-Tiefenkamera und eines Triangulationssensors zu integrieren.

Um später mit der Anlage beliebige Druckbilder zielgenau auf Objektoberflächen erzeugen zu können, entwickelte die Professur für Robotik und Mensch-Technik-Interaktion der TU Chemnitz die Robotersteuerung anhand eines mehrstufigen Algorithmus zur Bahnplanung und -steuerung auf Basis von Voxelkarten. Somit kann dasselbe Objekt unabhängig von seiner Lage im Raum bedruckt werden.

Wird es verschoben, kann durch das Wiedereinscannen und der Anwendung des Algorithmus, exakt dieselbe Position bedruckt werden. Möglich ist ebenfalls das korrekte Aneinandersetzen mehrerer Druckbahnen unter der Berücksichtigung der durch die Oberflächenkrümmung auftretenden Verzerrungen.

Versuchsaufbau an der TU Chemnitz mit Kuka Roboter KR10 mit modularer Halterung für Inkjet-Druckkopf, Triangulationssensor und Tiefenkamera. (Bildnachweis: TU Chemnitz, Professur für Robotik und Mensch-Technik-Interaktion)
Die Grundlagen des robotergeführten Inkjet-Drucks

Die Drucktechnologie selbst untersuchten das Fraunhofer ENAS und das Zentrum für Mikrotechnologien der TU Chemnitz an einer bereits etablierten Fraunhofer-eigenen Anlage. Um die limitierenden Faktoren des Druckprozesses zu ermitteln, bestimmten die Forschenden die Positionierungsgenauigkeit einzelner Tropfen auf Zylinderoberflächen. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden Abstandslimits bei der Bahnplanung abgeleitet und unter Berücksichtigung der Druckkopfgeometrie und Winkelung eine mathematische Beschreibung der Bedruckung konkaver Geometrien erstellt.

Die Positionierungsgenauigkeit beim Inkjet-Druck ist abhängig von der Distanz des Druckkopfes zur Oberfläche, die bedruckt werden soll. In den durchgeführten Experimenten wurde nachgewiesen, dass bei geringen Abständen von weniger als 6 mm die Positionierungsgenauigkeit marginal reduziert wird.

Zudem hat die Druckkopforientierung gegenüber der Erdanziehungskraft, z.B. beim Überkopfdrucken, keinen nennenswerten Einfluss innerhalb dieser geringen Entfernung. Auf schiefen Ebenen ist die Schichtbildung stark vom Fließverhalten der Tinten abhängig. Um hier eine gute Qualität der Funktionsschichten zu erhalten, setzten die Forschenden auf einen schnellen Trocknungsprozess, der mit dem integrierten Modul zur Inline-Infrarot-Nachbehandlung realisiert wird.

Die gewonnenen Erkenntnisse zur Drucktechnologie auf 3D-Bauteilen des Fraunhofer ENAS wurden anschließend am Versuchsstand der TU Chemnitz integriert.

Die Anwendungen

Im Rahmen des Projektes erprobten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei Anwendungsszenarien erfolgreich – eine Heizung und eine RFID-Anwendung. Die Heizung wurde auf einer Kunststoffsitzschale durch den Roboter drucktechnisch aufgebacht. Die Heizleiterstruktur aus einer flächig aufgebrachten Leiterbahn mit einer Gesamtlänge von 16 Metern erstreckte sich über knapp 450 cm² der Sitzfläche und Rückenlehne. Im Betrieb erreichte die Heizung eine homogene Temperaturverteilung von 50 °C.

Für RFID-Anwendungen wurde darüber hinaus eine Dipol-Antenne auf der gekrümmten Oberfläche der Sitzschale drucktechnisch aufgebracht. Die Antennenstruktur befindet sich auf der Rückseite der Sitzlehne und ist mit einem RFID-Chip versehen. Die auf dem Silizium-Chip gespeicherten Informationen können aus einer Entfernung von über zwei Meter mit einem RFID-Lesegerät ausgelesen werden.

Das Fraunhofer ENAS hat im Rahmen dieses Projektes seine Expertise im Bereich der gedruckten Funktionalitäten weiter ausgebaut. Die gewonnenen Erkenntnisse stärken einerseits die Kompetenz in den Fertigungstechnologien vor allem im robotergestützten Inkjet-Druck auf 3D-Objekten als auch die Produkttechnologien der gedruckten Elektronik und Antennen.

Kontakt:

www.enas.fraunhofer.com

www.tu-chemnitz.de